​Paradise – (almost) there and back again

Tag 115: Im Reiseführer stand, man solle sich selbst ein Bild davon machen, welche Stadt die schönere sei – Queenstown oder Glenorchy. Beide liegen am Lake Wakatipu und sind von hohen Bergen umgeben. Queenstown kam bei unserer letzten Tagesetappe ja nicht so gut weg. Wir hatten das Gefühl, dass man versucht hatte, auf relativ wenig Fläche möglichst viel reinzustopfen, also wie eine Großstadt in Kleinformat. In Glenorchy angekommen, haben wir wieder die Kleinstadtruhe vorgefunden, an die wir uns in Neuseeland in den letzten knapp zwei Wochen gewöhnt haben.

An der Uferstraße auf dem Weg nach Glenorchy
Das Städtchen ist traumhaft gelegen
Und es geht sehr geruhsam zu, wie man am vielen Verkehr erkennen kann

Vielleicht liegt es auch daran, dass Glenorchy an sich die kleinere Stadt ist, wobei man bei 360 Einwohnern ja nun gar nicht von Stadt sprechen kann. Trotzdem wird der Ort von so vielen Touristenbussen besucht, dass er tagsüber zum kleinen Städtchen wird. Durch die landschaftliche Weite verlaufen sich allerdings die Touristenmassen und natürlich gibt es viel weniger Geschäfte und Restaurants, deshalb kann man die beiden ¨Städte¨ eigentlich gar nicht miteinander vergleichen. Uns hat Glenorchy auf jeden Fall gut gefallen, wir haben aber auch einen besonders idyllischen Spazierweg durch die Seenlandschaft und das Sumpfgebiet gefunden. 

Beim Spaziergang in der Nähe von Glenorchy
Wir haben regelmäßig Pause zur Bewunderung der Landschaft gemacht

Ein Straßenschild wollte uns allerdings vorgaukeln, dass es noch besser ginge. Gewarnt wurden wir aber vor holprigen Schotterpisten, die uns auf der ¨Paradise Road¨ den Weg ins Paradies erschweren sollten. Zudem war dieser Weg eine Sackgasse und große Wohnmobile sollten ihn besser gar nicht benutzen. Tatsächlich brauchten wir zwei Anläufe, bis wir ihn doch gefahren sind. Schließlich haben wir ja nur ein Mini-Wohnmobil. Auf der Strecke ging es vorbei an saftigem Weideland, durch das sich schmale Bäche schlängelten und die Bergkulisse war atemberaubend. Ja, es war sehr holprig, aber es sollte noch schlimmer werden. Irgendwann kamen wir an das nächste Schild, das vor noch schlechteren Straßenzuständen warnte, Beschädigungen am Auto könnten nicht mehr ausgeschlossen werden. Na gut, der Weg ins Paradies ist steinig, holprig, kurvig und schwer. Das war es für uns, aber wir hatten ja schon einige Kilometer in dieser spektakulären Landschaft zurück gelegt.

Bis hierher sind wir Richtung Paradies gekommen. Dann wurde die Straße zu schlecht.
Das müssen die glücklichsten Schafe Neuseelands sein

Sie ist übrigens so spektakulär, dass hier ein Teil des Herrn der Ringe gedreht wurde. Kein Wunder also, dass wir nicht die Einzigen waren, die den Weg nach ¨Lothlorien¨ und ¨Isengard¨ abfahren wollten. Ein echtes Erlebnis muss auch die Herr der Ringe Reittour sein, die in dieser märchenhaften Landschaft angeboten wird. Die fast 400 Euro, die die Tour für uns beide gekostet hätte, waren uns dann aber doch zu teuer und wir sind statt mit Pferd mit unserem Camper weitergezogen.
Unser Weg führte uns weiter in die einstige Goldgräberstadt Arrowtown. Viele kleine Geschäfte, Cafés und Restaurants, die sich entlang der zwei kurzen Hauptstraßen ziehen, machen den kleinen Ort zum perfekten Tagesausflugsziel für diejenigen, die sich Queenstown als ihre Basis ausgesucht haben. Auch heute kann man sein Glück noch als Goldschürfer versuchen, doch dient dies eher zur Touristenbelustigung.

Eine der schönsten Straßen von Arrowtown
Rebecca hat sich sofort in die Häuschen verliebt und will jetzt auch so eines haben

Viel schlechter ging es Anfang des 19. Jahrhunderts all den Chinesen, die aus dem armen Südchina angeheuert wurden, um zur Blüte dieser Region durch ihre harte Arbeit beizutragen. Ein kleiner Lehrpfad, der sich in der ehemaligen Chinesensiedlung befindet und in dem noch einige Originalhüttchen stehen, zeugt von der schwierigen Zeit, als sich Hunderte aufmachten, um ihr Glück in der Ferne zu suchen. Wie wahrscheinlich überall in der Welt, wurden diese Menschen dringend benötigt und angelockt, waren aber keineswegs willkommen. Selbst lokale Zeitungen warnten vor der gelben Pest, die Krankheiten, Opium und Gier aus der femden Welt mitbrachte. Lange hat es gedauert, bis sich die auch wirtschaftlich benachteiligte Gruppe durch ihren Fleiß einen guten Ruf in der europäischen Bevölkerung erarbeitet hatte und geduldet wurde. Da hauptsächlich junge Männer kamen, die ihren Familien Geld in die Heimat schickten, lebten die Männer nach Beendigung ihrer Goldgräberarbeit alleine in ihren spärlichen Behausungen und so starb in den 1930er Jahren der letzte chinesische Goldgräber aus Arrowtown. 

Die Chinesenhäuser waren sogar für Niko zu niedrig
Die Behausungen erinnern entfernt an Hobbithäuser

Zum Glück hatten wir einen Tipp von einer i-Site Mitarbeiterin bekommen, wo sich eine ausgewiesene Stelle zum ¨Freedom Camping¨ befinden würde und wir mussten an diesem Abend nicht lange suchen, bis wir unser Quartier am Lake Hayes mit einigen anderen Campern, vielen neugierigen Enten und Gänsen aufgeschlagen hatten. Mit Kochen, Lesen und Blogschreiben ging dieser Tag zu Ende – die Camper im Luxuswohnmobil vor uns hatten anscheinend einen Kinoabend eingelegt und guckten den ¨Herrn der Ringe¨. Wahrscheinlich wollten sie sehen, wie schön die Landschaft war, die sie mit ihrem Riesencamper nicht erreichen konnten.

Gleich nach der Ankunft an unserem Schlafplatz wurden wir von neugierigen Gänsen begrüßt

Tag 116: Direkt nach dem Aufstehen wurden wir mit Nachfragen nach unserem Wohlergehen überflutet. Naja, zumindest Rebecca, da Nikos Handy immer noch kaputt ist. Offenbar gab es letzte Nacht ein schweres Erdbeben in der Nähe von Christchurch. Wir haben nichts gespürt bzw. sind nicht dadurch wach geworden. Allerdings wird es unsere Reisepläne wahrscheinlich noch ziemlich durcheinander wirbeln, da wir noch mindestens zweimal durch die Erdbebenregion müssen. Momentan sind einige Straßen unpassierbar, aber wir hoffen, dass sich das bis nächste Woche ändert. Und keine Nachbeben auftreten! [Nachtrag: beide Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Selbst zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Eintrags einen Monat nach dem Erdbeben ist die Straße nach Kaikoura noch gesperrt. Für die Reparatur sind über eine Milliarde Euro veranschlagt. Und auch ein Nachbeben haben wir mitgemacht, doch dazu später mehr.]

Nachdem wir die schlechten Nachrichten mit einem Frühstück am See verdaut haben, ging es nach kurzem Zwischenstopp in Arrowtown Richtung Wanaka. Dazu muss man die Crowne Range überwinden, eine Bergkette mit Neuseelands höchster asphaltierter Straße auf 1000 m Höhe. Fast der gesamte Anstieg findet auf den ersten Kilometern auf einer steilen, sehr kurvenreichen Serpentinenstraße statt. Oben erwartete uns als Belohnung für das viele Lenkraddrehen ein fantastischer Ausblick über Arrowtown, Lake Hayes und das gesamte Tal. Den höchsten Punkt haben wir aber erst etwas weiter die Straße entlang erreicht. Dort haben wir das Auto nur kurz für ein Beweisfoto verlassen, da es sehr windig und dadurch eisig kalt war. Wie wir später erfuhren, sollte es keine zwei Tage später dort auch wieder ordentlich schneien.

Diese Serpentinenstraße haben wir uns mit dem Camper hochgequält
Dafür gab es dann einen herrlichen Ausblick über das Tal. Rechts erkennt man Arrowtown.
Der glückliche Fahrer auf der Crowne Range

Wanaka liegt sehr schön direkt am gleichnamigen See. Als wir ankamen war noch schönes Wetter, das wir dazu genutzt haben etwas am See zu spazieren, die Stadt zu erkunden und Mt. Iron zu besteigen. Das ist im Vergleich zu den Riesen drumherum mit 560 Metern Höhe weniger ein Berg als ein Hügel, aber gut war die Aussicht von der Spitze trotzdem.

Lake Wanaka
Stadt und See von oben
Man sieht ihr an, wie sehr sie bergauf gehen mag

Wieder unten angekommen haben wir uns ein schönes Café mit kostenlosem WLAN direkt am Seeufer gesucht, um endlich mal wieder was in unserem Blog zu posten und die Welt wissen zu lassen, dass wir das Erdbeben gut überstanden haben. Als wir damit fertig waren, hat sich die Wettervorhersage leider bewahrheitet und es regnete. Was macht man in einer Gegend, die einzig und allein auf Outdooraktivitäten fixiert ist, wenn es regnet? Natürlich gibt es kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung. Aber da unsere Kleidungsvorräte sehr eng begrenzt sind und wir – wenn einmal etwas nass ist – im Camper nichts trocknen können, solange es regnet, müssen wir hoffen, dass es bald wieder aufhört, damit wir unsere geplanten Wanderungen durchführen können. Einige Leute hielten es wie wir, warteten in ihren Campern und schauten den fallenden Tropfen zu. Alle anderen haben wir im aus den Nähten platzenden Supermarkt beim Einkaufen getroffen.
Gegen Abend mussten wir uns wieder einen Platz zum Übernachten suchen. Da am nächsten Tag die Überquerung der südlichen Alpen durch den Haast-Pass zur Westküste auf dem Programm stand, wollten wir schon mal einen Teil der Strecke fahren. Durch den Regen war die Sicht leider so schlecht, dass wir fast nichts von der Landschaft gesehen haben. Man konnte nur erahnen, wie schön die beiden Seen Lake Wanaka und Lake Hawea mit der Berglandschaft dahinter aussehen. Als Rebecca einen guten Platz zum Freedom Camping direkt am Seeufer erspähte, haben wir nicht lange gezögert und zugegriffen.

Eine kurze Regenpause an unserem Schlafplatz