​Kaffeepflücken leicht gemacht

Sechs Tage Havanna und je drei Tage in Bogotá und Medellín. Damit hatten wir erstmal wieder genug vom Stadtleben und haben uns zur Entspannung in die Zona Cafetera, dem Hauptkaffeeanbaugebiet Kolumbiens, zurückzugezogen. Wir haben uns für das kleine Dörfchen Salento entschieden, was sich als perfekte Wahl für unseren Erholungsurlaub von der Reise erwiesen hat.

Salento liegt nur knapp 250 km südlich von Medellín. Bedingt durch die bergige Landschaft und vielen Baustellen wegen Erdrutschen dauerte die Busfahrt aber trotzdem über acht Stunden. Die Landschaft entlang der Strecke war grandios, so dass die Fahrt zwar anstrengend, aber nicht langweilig war. Außerdem hatten wir einen sehr netten Busfahrer. Er hat die einzige Essenspause dazu genutzt, seine Frau einzusammeln und mit uns ein wenig geplaudert. Kolumbianer verwenden sehr gerne Verniedlichungsformen von allen möglichen Wörtern; mehr als es im Deutschen überhaupt gibt. Die Essenspause leitete er beispielsweise folgendermaßen ein: ¨Liebe Passagierchen, jetztchen können Sie ein Mittagesschen zu sich nehmen¨ (¨Queridos pasajeritos, ahorita pueden tomar un almuerzito¨). Kolumbianer untereinander nennen sich öfter auch nur hermanito, Brüderchen. Rebecca wird hingegen oft als muñeca (Puppe), amor (Schatz, ist Niko bei  Frauen auch), niña (Mädchen), mujer (Frau), hermosa (Wunderschöne) bezeichnet.

Endlich in Salento angekommen haben wir beim Einchecken von unserem Herbergsvater erstmal einen Vortrag bekommen, was man in der Gegend so alles unternehmen kann. Zum Glück hatte er das Ganze auch schriftlich in einer kleinen Broschüre festgehalten, da wir nach der langen Fahrt gar nicht mehr so richtig aufnahmefähig waren. Tatsächlich haben wir in den kommenden Tagen dann aber doch fast alles davon abgearbeitet. Seine Restaurantempfehlung war ebenfalls Gold wert. Wir haben eine äußerst leckere Forelle, die lokale Spezialität, und dazu riesige frittierte Kochbananenscheiben bekommen.

Unser Abendessen; man beachte wie groß die Kochbananen sind! Sie werden zunächst weich frittiert, dann mit einem Stein platt gedrückt und in eine Form gelegt.

Den nächsten Tag haben wir mit einer Erkundung der Stadt begonnen. Da sie wirklich nicht sehr groß, dafür aber umso idyllischer ist, waren wir nach zwei Stunden schon fertig. Wirklich sehenswert war der Ausblick von einem Hügel, den man über eine steile Treppe erreichen konnte. Von dort überblickte man die Stadt und die umliegenden Täler. 

Der Weg war steil…
…dafür konnte man oben schaukeln
So süß sieht das Städtchen aus; ganz links im Bild sieht man die Treppen, die hoch zum Aussichtspunkt führen

Da wir noch den ganzen Nachmittag zur Verfügung hatten, beschlossen wir an einer Kaffeetour in der Gegend teilzunehmen. Dazu mussten wir eine gute Stunde zur Kaffeefinca El Ocaso laufen. Dort kamen wir exakt pünktlich zum Beginn der Tour an, die von Alexander, einem ehemaligen Lehrer aus der Nähe von Salento, geführt wurde. Man hat ihm angemerkt, dass er viel Spaß daran hatte, sein Wissen und seine schlechten Witze mit uns zu teilen. Wir durften sogar selber Kaffeebohnen pflücken. Ganz im Gegensatz zur Überschrift ist das gar nicht so leicht wie es aussieht. Es gibt zwei Hauptsaisons für Kaffee in Kolumbien, in denen die Sträucher sehr viele reife Früchte tragen. Momentan ist allerdings gerade Zwischensaison. Die Sträucher tragen trotzdem kontinuerlich weiter Früchte, allerdings deutlich weniger als in der Hauptsaison. Daher brauchen Kaffeepflücker sehr gute und geschulte Augen, um zwischen den ganzen grünen Früchten die reifen roten oder gelben zu erkennen, und nur diese dürfen gepflückt werden, damit der Kaffee genießbar ist.

Kaffeepflücker Niko bei der Arbeit
Alex in seinem Element; mit den blauen Tüten im Hintergrund werden die fast reifen Bananen geschützt

El Ocaso baut nachhaltigen Kaffee an. Das äußert sich darin, dass zwischen den Kaffeepflanzen überall Bäume und andere Pflanzen wie Bananen und Ingwer stehen. Dadurch sehen die Kaffeefelder viel natürlicher aus, als die Monokulturen, die wir auch gesehen haben. Alex erklärte uns, dass die Rainforest Alliance strikte Vorgaben macht, wieviele Bäume pro Quadratkilometer Kaffeefeld mindestens stehen müssen, damit Kaffee als nachhaltig verkauft werden darf. Die restlichen Pflanzen dienen hauptsächlich dazu, den Kaffeesträuchern Schatten zu spenden. Je weniger Sonne der Kaffee abbekommt, desto mehr natürlichen Zucker erzeugt er nämlich. Tatsächlich schmecken die Früchte, wenn man reinbeißt, sehr süß. Außerdem müssen die Kaffeesträucher, wieder im Gegensatz zu den Monokulturen, auf die Art nicht chemisch gespritzt werden. Zum Abschluss der Tour durften wir natürlich auch noch eine Tasse El Ocaso Kaffee probieren. Er schmeckte anders als alles was wir in Europa bisher als Kaffee vorgesetzt bekamen: sehr fruchtig, fast schon wie Saft, aber mit einem etwas sauren Nachgeschmack.

Wir hätten es nicht erraten, aber so schön sieht Ingwer von oben aus
Hier werden die Kaffeefrüchte getrocknet

Auch wenn wir zur Entspannung in Salento sind, wollten wir nicht nur auf der faulen Haut liegen. Also haben wir zum ersten Mal unsere Wanderschuhe ausgepackt und eine sechsstündige Wanderung durchs traumhafte Valle de Cocora unternommen. Das Tal liegt knapp 12 km von Salento entfernt und die Strecke dahin legt man mit Willys zurück, alten US-Jeeps. Wenn deren Innenraum voll ist, werden die restlichen Leute einfach auf die hintere Ladefläche gestellt. Danach ist gut festhalten angesagt…

Mit dem Willy sind wir gefahren
So sieht er aus, wenn er voll ist. Die Musiker links daneben haben zur Abreise den gleichen Bus wie wir genommen und uns die ganze Fahrt mit Musik „erfreut“.

Die Wanderung hat uns zunächst eine Stunde durch Grasland geführt. Links und rechts auf den Hügeln konnten wir bereits die Stars des Tals begutachten: riesige Wachspalmen, die höchste Palmenart der Welt. Danach ging es hinein in dichten Nebelwald mit mehreren Flussüberquerungen auf wackligen Holzbrückchen. Mitten im Wald lag unsere erste Station, die Finca Acaime. Dort probierten wir eine weitere lokale Spezialität: heißer Kakao mit Käse. Klingt ungewohnt und ist es auch. Wir waren geteilter Meinung: Rebecca hätte keine zweite Tasse trinken wollen, Niko hingegen fand es irgendwie gut. Während wir den Kakao geschlürft haben, konnten wir den vielen Kolibris zusehen, die um uns herum geschwirrt sind.

So eine schöne Stelle mussten wir einfach zum Pause machen nutzen
Auf den Hängen wimmelt es nur so von Palmen
Hmm, lecker!
Er guckt ziemlich böse, war in Wahrheit aber echt lieb

Der zweite und anstrengendere Teil der Wanderung führte von Acaime zur Rangerstation La Montaña. Insbesondere das letzte Stück hatte es in sich. Es ist zwar nicht mal zwei Kilometer lang, aber fast 300 Höhenmeter hoch. Wobei wir uns eigentlich nicht beschweren dürfen: wären wir bei Acaime in die andere Richtung abgebogen, hätten wir in nur 10 Kilometern Höhen von über 4700 Metern erreicht. So haben wir uns mit 2900 Metern begnügt. Schweißgebadet oben angekommen wurden wir mit einer wunderschönen Aussicht belohnt. Dann ging es knapp anderthalb Stunden zwischen den Wachspalmen durch atemberaubende Landschaften zurück nach Cocora, wo auch schon ein Willy auf uns wartete, um uns zurück nach Salento zu bringen.

Die Palmen sind echt riesig: der kleine dunkle Fleck unten ist Rebecca!

Den Rest der Zeit in Salento haben wir entspannt auf der Terrasse unseres Hostels verbracht, die traumhafte Aussicht auf die umliegenden grünen Hügel genossen und uns von unserem Muskelkater erholt.

Und weil es so schön war, hier noch ein paar Bilder:

2 Gedanken zu „​Kaffeepflücken leicht gemacht“

  1. Ein wunderschönes Tal und auch eure Wanderung klingt super.
    Ich würde sage, der Kolibri war ein echter angry bird, nur in grün.
    Wieso hat Niko ein Regencape an? Wollte er noch mehr schwitzen?

    Und der Kakao? So richtig mit Milch, Kakao, Zucker und Käse?

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    1. Wir wollten diese schöne Wanderung nicht so kurz vor Schluss mit einem nassen Hintern beenden.
      Ja, ganz normaler Kakao. Den ganz Harten, also uns, hat die Almhüttenmami das Stück Käse direkt in den Kakao geworfen!

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